Wie beantrage ich öffentliche Fördermittel? Die 2 ½ häufigsten Fallstricke zu Beginn und wie diese einfach vermieden werden können
Eine gute Idee ist ein Anfang, reicht aber nicht aus
Ich erlebe es oft: Förderinteressierte, die mir begeistert, zuweilen sogar fast euphorisch, von ihren Projektideen berichten. Und wissen Sie was? Das ist der Grund, warum ich dem Förderbereich in den letzten 10 Jahren treu geblieben bin. Denn oft bin ich erstaunt über die Kreativität und das Innovationspotenzial, das „da draußen“ in den Köpfen schlummert. Und ich persönlich glaube auch daran, dass es genau das braucht – gerade jetzt – gerade in der Krise.
Dennoch bringe ich es auf den Punkt: Wer sich dem Thema Fördermittel stellen möchte, der sollte wissen: öffentliche Förderung ist ein Wettbewerb. Ein Wettbewerb um die besten der guten Ideen (oder wenn ich ehrlich bin: ein Wettbewerb, bei dem ein Auswahlgremium die Entscheidung trifft, welche der guten Ideen die besten sind).
Ob Ihre Idee diesem Wettbewerb standhalten kann? Das wird Ihnen niemand pauschal beantworten können. Aber eines ist so einfach wie banal: wer unter „falschen Startvoraussetzungen“ am Wettbewerb teilnimmt, der wird sich sicher nicht auf dem Gewinnertreppchen wiederfinden.
Und deshalb schauen wir uns doch die aus meiner Sicht typischen Fallstricke zu Beginn eines Förderprozesses an:
Das richtige Förderprogramm für Ihre Idee
Stellen Sie sich vor, Sie haben in Ihrer Firma eine freie Stelle und begeben sich auf die Suche nach neuen Mitarbeitenden. Vermutlich gehen Sie klassisch vor und formulieren eine Stellenanzeige mit der Beschreibung um was es geht, wen Sie suchen und was Sie bieten. So ist es auch in der Förderwelt, denn das, was im Bewerberbusiness die Stellenanzeige ist, ist im Falle der Förderung die sogenannte „Bekanntmachung der Richtlinie zur Förderung von…“ (im Landesbereich teilweise auch „Ausschreibung zur Förderung von…“ genannt). Diese finden Sie bspw. im Bundesanzeiger, in einschlägigen Förderdatenbanken online oder auf den Webseiten der Bundes- und Landesministerien. Umgangssprachlich nennen wir dies auch oft das Förderprogramm, weshalb ich diesen Begriff im Folgenden so beibehalten werde.
Fallstrick Nr. 1: Das Lesen des Förderprogrammes
Im Unterschied zur Stellenanzeige ist es keine Seltenheit, dass Förderbekanntmachungen 10 Seiten und mehr umfassen. Und noch dazu: Diese Seiten sind voll von Modalitäten. Nein, ich behaupte nicht, dass diese Texte einfach zu verstehen sind. Und dennoch: es lohnt sich, die Texte zu lesen und nicht bei den Überschriften stehen zu bleiben. Wenn dort beispielsweise steht: „Bekanntmachung der Richtlinie zur Förderung von Projekten der Wasserstoffmobilität“, dann muss dies nicht zwingend heißen, dass die Anschaffung von Wasserstoff-PKW gefördert wird, genauso gut könnte es z. B. sein, dass es um Forschungsprojekte geht, die die Fragen zur Akzeptanz der Wasserstoffmobilität in der Bevölkerung untersuchen sollen. Will heißen: erst im Verlaufe des Textes wird konkreter darauf eingegangen, was gefördert werden soll.
Mein Tipp hierzu: Um Ihnen den Einstieg in das Lesen der Bekanntmachungen zu erleichtern, beginnen Sie zuerst einmal mit den Kurzversionen. Inzwischen haben viele Ministerien und Projektträger Kurzversionen oder gesonderte Hinweisdokumente auf Ihren Webseiten veröffentlicht, manche sogar FAQ. Eine kleine Recherche über den eigentlichen Bekanntmachungstext hinaus lohnt sich also – das für Ihr Förderprogramm zuständige Ministerium oder den zuständigen Projektträger finden Sie im Bekanntmachungstext selbst. Oft erhalten Sie auf diesen Webseiten auch Hintergrundinformationen wie es zum Aufsetzen des betreffenden Förderprogramms / Bekanntmachungstextes kam. Machen Sie sich also ein umfassendes Bild. Erarbeiten Sie sich strategisch ein Verständnis – beginnen Sie mit einfachen Basisinformationen und arbeiten Sie sich dann weiter bis zum ausführlichen Text vor.
Fallstrick Nr. 2: Das Lesen des Förderprogrammes (und warum die Wiederholung dieser Überschrift kein Tippfehler ist)
Sie haben den Bekanntmachungstext gelesen und finden, dass Ihre Idee dazu passt? Wunderbar. Dann lesen Sie jetzt bitte weiter. Denn anders als bei der Stellenanzeige, die an dieser Stelle vielleicht noch Interpretationsspielraum zulässt, ist es in der Förderwelt sehr streng geregelt, wer überhaupt „wettbewerbsberechtigt“ ist. Hier können Sie nicht durch Ihre Persönlichkeit oder durch den Willen, sich neue Kompetenzen anzueignen, überzeugen. Hier geht es meist nur um harte Fakten – genauer: es geht in der Regel um die Art und Rechtsform Ihrer Organisation. Wer förderberechtigt ist, steht ebenfalls im Bekanntmachungstext. Aber bitte lesen Sie auch hier genau nach. In manchen Bekanntmachungstexten steht zu Beginn, dass beispielsweise KMU gefördert werden. Erst im Abschnitt „Zuwendungsempfänger“ finden Sie jedoch genaue Angaben dazu. Denn teilweise liegen auch hier Einschränkungen vor. So kann es z. B. sein, dass für ein regionales Programme nur Unternehmen aus dem jeweiligen Bundesland in Frage kommen oder aber es werden nur Verbünde, d. h. Kooperationen zwischen mehreren Antragstellern gefördert. Oder ein Programm fördert KMU, schließt aber Unternehmen, die weniger als 2 Jahre am Markt sind aus.
Mein Tipp hierzu: Sie können sich die Arbeit erleichtern, wenn Sie das Lesen des „Was wird gefördert“ und des „Wer wird gefördert“ im ersten Schritt gedanklich trennen. Meist beginnen die Texte mit dem Inhaltlichen – also mit dem „Was wird gefördert“, wie ich es oben beschrieben hatte. Erst darauf folgen die Modalitäten wie „Zuwendungsempfänger“ (wer ist berechtigt), „Zuwendungsvoraussetzungen“ (was muss noch gegebenen sein) und „Art, Umfang und Höhe der Zuwendung“ (wieviel Förderung gibt es theoretisch).
Ich persönlich lese die beiden Teile „Inhalt“ und „formale Modalitäten“ erst einmal getrennt. Meist beginne ich sogar mit den Modalitäten. Dann erst gehe ich zum Inhalt. Und zwischendrin mache ich eine Pause. Denn auch ich, die ich selbst Förderprogramme geschrieben habe, muss einen 12-seitigen Text, der mit Schlagwörtern und Formalitäten gespickt ist, in seiner Komplexität erst erfassen.
Ersparen Sie sich Zeit (und Geld)
Warum ist mir der Hinweis auf diese beiden Fallstricke zu Beginn so wichtig? Weil die Nichtbeachtung dieser Fallstricke alle betroffenen Stakeholder eine Menge Zeit und Arbeit kostet: Sie als Antragsteller:in investieren viel Zeit in einen Antrag, der z. B. 25 Seiten und mehr umfasst. Dieser von Ihnen eingereichte Antrag muss – egal wie – von den zuständigen Stellen bei den Fördermittelgebern berücksichtigt werden. Selbst dann, wenn sich bereits zu Beginn herausstellt, dass Sie die formalen Kriterien nicht erfüllen. Dann sind Sie im Wettbewerb, auch wenn Sie den Startblock nie verlassen werden. Tatsächlich warten Sie in diesem Startblock tatenlos so lange, bis Ihre Mitbewerber:innen die Ziellinie überschritten haben. Erst dann bekommen Sie eine Absage. Und das dauert – manchmal zwei, drei, vielleicht sogar sechs Monate. So sind die Regularien.
Zum Schluss und durchaus ernst gemeint: Vermeiden Sie Fallstrick Nr. 2 ½
Nehmen wir an, Sie haben Fallstrick 1 und 2 erfolgreich umgangen und sitzen nun vor den fertigen Antragsunterlagen…dann denken Sie bitte noch einmal kurz an mein Beispiel der Stellenausschreibung in Ihrem Unternehmen und nehmen folgenden letzten Schritt vor: Prüfen Sie Ihre Unterlagen auf Vollständigkeit: welche Dokumente wurden laut Bekanntmachungstext benötigt? Wurden diese an den richtigen Stellen von den berechtigten Personen unterschrieben? Wird irgendwo ein Firmenstempel o. ä. verlangt?
Denn: das Erste was mit Ihrem Antrag geschieht ist, dass die Unterlagen auf Vollständigkeit geprüft werden. Noch bevor die zuständige Person weiß, wer Sie sind und was für eine Idee Sie haben. Und glauben Sie mir, ich habe es auch erlebt, dass Antragsteller:innen einen gewissen Bekanntheitsgrad erreicht haben…nicht, weil deren Ideen so gut waren, sondern weil die Nachforderung von Unterlagen alle Beteiligten Zeit, Arbeit und Mühe kostete.
Kommunikation ist alles
Natürlich kann es Gründe für fehlende Unterlagen geben. Gerade wenn es die erste Antragstellung ist oder wenn die Zeit bis zum Stichtag des Wettbewerbs knapp war. Das ist verständlich. Mein Ratschlag: machen Sie, was Viele tatsächlich nicht tun: Schreiben Sie dem oder der zuständigen Bearbeiter:in eine kurze Nachricht oder rufen Sie an. Bemerken Sie freundlich, dass Sie die fehlenden Unterlagen nachreichen werden und bis wann oder machen Sie das Angebot, dass Sie sich im Falle (unbewusst) fehlender Unterlagen über eine Kontaktaufnahme freuen. Denken Sie einfach daran: am anderen Ende sitzt auch nur ein Mensch.
Fehler ohne Konsequenz?
Und wieso ist dies nun Fallstrick Nr. 2 ½ ? Ich habe mich für ½ entschieden, da dieser Fallstrick Sie (hoffentlich) nicht die Antragsberechtigung kosten wird. Ich jedenfalls habe ich es nie erlebt, dass aufgrund fehlender Unterlagen gleich zu Beginn eine Absage erteilt wurde.
Aber spätestens beim wiederholten Male oder im Vergleich: Denken Sie an das Beispiel der Stellenausschreibung in Ihrem Unternehmen – im Wettbewerb um den besten Bewerber oder die beste Bewerberin: wenn Sie auf Basis der Kompetenzen und des Inhalts zwei ähnlich attraktive Bewerbungen bekommen haben, bei einer jedoch fehlen aus wenig nachvollziehbaren Gründen wesentliche Unterlagen: welcher Person würden Sie eher die Übernahme eines Projektes in Ihrem Unternehmen zutrauen? In welche Person würden Sie eher Geld investieren?
In diesem Sinne wünsche ich eine erfolgreiche Antragstellung! Ihre Christina Merz